Merkhilfen in der Rettertool App
Das wichtigste stets griffbereit
In der RetterTool App finden sich eine Vielzahl von Merkhilfen wieder. Beispielhaft führen wir hier einige davon genauer auf:
PECH-Regel
Die PECH-Regel ist eine bewährte Methode zur Erstversorgung von Sportverletzungen, insbesondere bei Prellungen, Verstauchungen oder Zerrungen. Sie hilft, Schmerzen zu lindern und Schwellungen zu minimieren. Diese Regel findet daher insbesondere im Sanitätsdienst Anwendung.
Die vier Buchstaben stehen für:
P – Pause
Die verletzte Stelle sofort entlasten und jegliche Belastung vermeiden, um weitere Schäden zu verhindern.
E – Eis
Die betroffene Stelle kühlen (z. B. mit einem Kühlpack oder kaltem Wasser), um Schwellung und Schmerzen zu reduzieren. Wichtig: Kein direkter Hautkontakt mit dem Eis (Tuch dazwischenlegen), um Erfrierungen zu vermeiden.
C – Compression (Kompression)
Einen elastischen Druckverband anlegen, um die Schwellung zu begrenzen. Der Verband sollte fest, aber nicht zu eng sein, damit die Durchblutung nicht unterbrochen wird.
H – Hochlagern
Die verletzte Extremität hochlagern, idealerweise über Herzhöhe, um die Durchblutung zu verringern und damit Schwellung und Blutergüsse zu reduzieren.
Diese Regel hilft, die Heilung zu fördern und Folgeschäden zu vermeiden. In schwereren Fällen sollte aber unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.
Warum ist die PECH-Regel so wichtig?
Durch die richtige Erstversorgung mit der PECH-Regel kann der Heilungsprozess entscheidend verbessert werden. Eine schnelle Reaktion kann die Dauer der Verletzung verkürzen und schlimmere Folgeschäden vermeiden.
Wann sollte ein Arzt aufgesucht werden?
✅ Starke Schmerzen oder anhaltende Schwellung
✅ Eingeschränkte Beweglichkeit oder Deformierungen
✅ Taubheitsgefühl oder starke Blutergüsse
Die PECH-Regel ist ein bewährtes Mittel bei akuten Sportverletzungen. Sie hilft, Schmerzen zu lindern, Schwellungen zu reduzieren und den Heilungsverlauf positiv zu beeinflussen.
EKG-Lagetyp

Der Lagetyp des Herzens beschreibt die elektrische Hauptachse der Erregungsausbreitung im Frontalebenen-EKG. Er gibt Hinweise auf die Herzachse und mögliche Erkrankungen wie Links- oder Rechtsherzbelastung.
Bestimmung des Lagetyps im EKG
Der Lagetyp wird anhand der Ableitungen I, II und aVF im Standard-12-Kanal-EKG bestimmt. Entscheidend ist die Hauptachse der elektrischen Herzaktivität, die normalerweise zwischen -30° und +90° liegt.
1. Normale elektrische Herzachse (Indifferenztyp) (-30° bis +90°)
✔️ Ableitung I: positiv
✔️ Ableitung aVF: positiv
✔️ Ableitung II: positiv oder isoelektrisch
➡️ Normaler Lagetyp, häufigster Befund
2. Linkstyp (-30° bis -90°)
✔️ Ableitung I: positiv
✔️ Ableitung aVF: negativ
✔️ Ableitung II: oft negativ
➡️ Hinweis auf Linksherzhypertrophie oder Linksschenkelblock
3. Rechtstyp (+90° bis +120°)
✔️ Ableitung I: negativ
✔️ Ableitung aVF: positiv
✔️ Ableitung II: oft negativ
➡️ Kann auf Rechtsherzbelastung, Lungenerkrankungen oder Rechtsschenkelblock hinweisen
4. überdrehter Linkstyp (< -30° bis -90°)
✔️ Ableitung I: stark positiv
✔️ Ableitung aVF: stark negativ
➡️ Kann auf pathologische Linksherzbelastung (z. B. Linksherzhypertrophie, Kardiomyopathien) hinweisen
5. überdrehter Rechtstyp (> +120°)
✔️ Ableitung I: stark negativ
✔️ Ableitung aVF: stark positiv
➡️ Hinweis auf schwere Rechtsherzbelastung, z. B. bei Lungenembolie oder Rechtsherzhypertrophie
Klinische Bedeutung des Lagetyps
Ein Indifferenztyp ist unauffällig und typisch für gesunde Menschen.
Ein Linkstyp kann auf Bluthochdruck oder Klappenerkrankungen hinweisen.
Ein Rechtstyp oder überdrehter Rechtstyp tritt bei Lungenerkrankungen, Lungenembolien oder Herzfehlern auf.
Ein überdrehter Linkstyp kann auf strukturelle Herzerkrankungen hindeuten.
Wichtig: Der Lagetyp allein ist nicht diagnostisch, sondern muss immer im klinischen Kontext betrachtet werden.
OPQRST-Schema
Die Bedeutung von OPQRST
O – Onset (Beginn)
Wann haben die Schmerzen begonnen?
Plötzlich oder schleichend?
Gab es einen bestimmten Auslöser (z. B. Bewegung, Trauma, Stress)?
P – Provocation / Palliation (Verstärkung / Linderung)
Was verstärkt oder lindert die Schmerzen?
Ändert sich der Schmerz durch Bewegung, Druck, Atmung oder Nahrungsaufnahme?
Wird der Schmerz durch Ruhe besser oder bleibt er konstant?
Q – Quality (Schmerzqualität)
Wie fühlt sich der Schmerz (stechend, brennend, drückend, pochend, krampfartig)
? Kann der Schmerz genau lokalisiert werden oder ist er diffus?
R – Radiation (Ausstrahlung)
Strahlt der Schmerz in andere Körperregionen aus?
Typische Beispiele:
Herzinfarkt: Ausstrahlung in linken Arm, Kiefer oder Rücken
Gallenkolik: Ausstrahlung in rechte Schulter
Nierenkolik: Ausstrahlung in Leiste
S – Severity (Stärke des Schmerzes)
Wie stark ist der Schmerz auf einer Skala von 0 bis 10?
Vergleich mit früheren Schmerzen: Ist dieser Schmerz schlimmer oder vergleichbar?
T – Time (Zeitlicher Verlauf)
Wie hat sich der Schmerz im Verlauf verändert?
Besteht der Schmerz dauerhaft oder kommt er in Wellen?
Warum ist das OPQRST-Schema wichtig?
Schnelle Ersteinschätzung in der Notfallmedizin
Erleichtert die Kommunikation zwischen Rettungsdienst, Ärzteschaft und Pflegepersonal
Hilft bei der Differenzialdiagnose von akuten Erkrankungen
Beispiel für eine OPQRST-Anamnese (Verdacht auf Herzinfarkt)
O: Schmerz begann plötzlich vor 30 Minuten
P: Verstärkt sich bei Belastung, wird in Ruhe etwas besser
Q: Druckender, einschnürender Schmerz
R: Strahlt in linken Arm und Kiefer aus
S: Schmerzintensität 9/10
T: Seit 30 Minuten anhaltend, keine Besserung
Mögliche Diagnose: Akutes Koronarsyndrom (Herzinfarkt) – Notfallmaßnahmen erforderlich!
Nexus Kriterien
Die NEXUS-Kriterien (National Emergency X-Radiography Utilization Study) sind eine bewährte Regel zur Beurteilung, ob bei einem Patienten mit Halswirbelsäulen-Trauma (HWS-Trauma) eine Röntgen- oder CT-Diagnostik erforderlich ist. Sie helfen, unnötige Bildgebung zu vermeiden und Patienten sicher zu identifizieren, die keine Fraktur oder schwerwiegende Verletzung haben.
Die 5 NEXUS-Kriterien für ein niedriges Risiko
Ein Patient benötigt keine bildgebende Diagnostik, wenn alle fünf Kriterien erfüllt sind:
Kein Druckschmerz über der Mittellinie der HWS: Kein direkter Schmerz oder Druckempfindlichkeit über der Dornfortsatzlinie der Halswirbelsäule
Kein fokal neurologisches Defizit: Keine Lähmungen, Taubheitsgefühle oder andere neurologische Ausfälle
Keine Bewusstseinsstörung (GCS kleiner 15 Punkte): Wach, orientiert und keine Anzeichen einer Bewusstseinsveränderung (z. B. durch Schädel-Hirn-Trauma)
Kein Hinweis auf eine Intoxikation: Kein Alkohol- oder Drogenkonsum, keine Bewusstseinsbeeinträchtigung durch Medikamente
Keine schmerzhafte Distraktionsverletzung: Keine gleichzeitig vorliegende schwerwiegende Verletzung, die den Patienten von der Wahrnehmung einer HWS-Verletzung ablenken könnte (z. B. multiple Frakturen, schwere Verbrennungen)
Bedeutung der Nexus Kriterien
Erfüllt ein Patient alle fünf Kriterien, kann eine HWS-Verletzung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.
Wenn ein Kriterium nicht erfüllt ist, sollte eine Bildgebung (Röntgen oder CT) erfolgen.
Beispiel
Ein Patient mit einem Autounfall, der wach, orientiert, ohne neurologische Defizite und ohne Schmerzen entlang der HWS ist, benötigt keine Röntgenaufnahme.
Achtung:
Bei Hochrisikoverletzungen (z. B. Sturz aus großer Höhe, Motorradunfall) sollte auch bei erfüllten NEXUS-Kriterien individuell entschieden werden.
Die Canadian C-Spine Rules sind eine alternative Regel für HWS-Traumata, die in bestimmten Fällen eine noch genauere Einschätzung bieten.
Canadian C-Spine Rules (CCR)
Die Canadian C-Spine Rules sind spezifischer als die NExus Kriterien und berücksichtigen Risikofaktoren sowie die aktive Beweglichkeit der HWS. Sie bestehen aus drei Schritten:
Schritt 1: Hochrisikofaktoren:
Falls einer der folgenden Faktoren zutrifft, ist eine sofortige Bildgebung erforderlich:
Alter ≥ 65 Jahre
Gefährlicher Unfallmechanismus (z. B. Sturz aus >1m Höhe, Hochgeschwindigkeitsunfall, Fahrrad-/Motorradunfall)
Parästhesien in den Extremitäten
Schritt 2: Niedrigrisikofaktoren:
Falls kein Hochrisikofaktor vorliegt, prüft man, ob Niedrigrisikofaktoren gegeben sind:
Unfall mit leichtem Aufprall (z. B. Heckaufprall mit niedriger Geschwindigkeit)
Gehfähig nach dem Unfall
Keine Nackenschmerzen am Unfallort
Kein Druckschmerz über den Dornfortsätzen
Niedrigrisikofaktoren können nicht bejaht werden→ Bildgebung notwendig.
Schritt 3: Aktive HWS-Rotation
Sind alle Niedrigrisikofaktoren gegeben, wird getestet, ob der Patient den Kopf aktiv um 45° nach links und rechts drehen kann.
Ja: Keine Bildgebung notwendig
Nein: Bildgebung erforderlich
Wann sind CCR oder NEXUS besser? CCR sind genauer, reduzieren unnötige Bildgebung und sind besonders hilfreich bei stabilen Patienten.
NEXUS ist einfacher anzuwenden, vor allem in der Notaufnahme bei bewusstseinsgetrübten oder schwer verletzten Patienten.
Fazit:
Die Canadian C-Spine Rules sind oft genauer und sicherer, setzen aber eine aktive Beweglichkeit des Patientenvoraus. Die NEXUS-Kriterien sind einfacher anzuwenden, aber weniger spezifisch. In vielen Leitlinien gelten die CCR als bevorzugte Entscheidungsregel, insbesondere für Patienten, die aktiv mitarbeiten können. (Vgl. Stiell et al.)